Motorrad BMW F650 GS
Im vorigen Jahr ersetzte ich die BMW F650 GS von 1998 gegen eine neuere Version, die BMW F650 GS mit Baujahr 2003. Die alte Maschine hatte gute 35.000 km hinter sich, und wäre bald 10 Jahre alt geworden. Zeit also für ein Update, zumal der natürliche Nachfolger mit ABS lockte, und gerade eine Gabelreparatur aufgrund Verschleißes in Höhe von 750 € fällig gewesen wäre.
BMW F650 Baujahr 1998
Diese sogenannte „Spaßenduro“ gefiel beim Kauf 1999 sehr gut. Als eines der wenigen Motorräder bot sie schon damals einen Katalysator, gefiel durch ihr ansprechendes Design, einen laufruhigen Motor ohne Vibration trotz nur eines Zylinders und gute Handlichkeit.
Die F650 ist ein Kompromiss, denn eigentlich bedarf
es wenigstens drei verschiedener Motorräder:
Einer Crossmaschine, einer Straßenmaschine,
und eines Chopppers.
Die F650 bietet von allen drei etwas:
- Sie kann dank guter Bodenfreiheit und längerer Federwege auch über Feldwege bewegt werden.
- Auf der Landstraße und Autobahn macht sie ebenso eine gute Figur, dank vibrationsfreiem, leistungswilligen Motor und stabilem Fahrwerk.
- Wenngleich selbst nicht chopperartig gestaltet, so ist die Maschine doch mit einem Augenmerk auf gutes Design ansprechend geformt. Die Sitzhaltung ist noch entspannter als bei einem Chopper, dank aufrechter Sitzhaltung und breitem Lenker. Für längere Autobahnhatzen sollte man andere Maschinen bemühen, zumal ab 130 km/h der Winddruck eine kräftige Nackenmuskulatur erfordert.
Den Kompromiss merkt man ihr nicht an, sie weiß zu gefallen,
wenngleich sie nicht in jeder Disziplin Rekorde bricht.
Die Alltagstauglichkeit ist ihr großer Pluspunkt, da ist sie ganz BMW,
auch wenn das 98er-Modell eher eine
Aprilia
ist.
Doch es gab auch Schatten. Was mich an der Maschine störte:
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Sie hat kein ABS –
beim Motorrad ist
ABS
noch viel wichtiger als beim Auto,
da hier ein Wegrutschen bei Blockieren des Vorderrades droht.
Aufgrund dieser Gefahr bremst ein Motorradfahrer nie so beherzt wie es ein Autofahrer
selbst ohne ABS kann.
Dank ABS kann nun auch ein Motorradfahrer ohne Ängste den Bremshebel kraftvoll bis zum Anschlag ziehen, wenn es notwendig erscheint. Nicht grundlos denkt ja der Gesetzgeber immer mal wieder daran, ABV auch für Motorräder vorzuschreiben. - Die Bremsen quietschten – eines Motorrads unwürdig, und erst recht einer BMW. Laut BMW-Händler wäre daran nichts zu machen gewesen – obwohl ich jegliche Belohnung für die Behebung versprach. Es ist peinlich und unzeitgemäß, mit quietschender Bremse anhalten zu müssen. Dieses Quietschen entstand schon bei gemächlichen, normalen Bremsen. Erwartet hätte ich so etwas höchstens bei einem China-Motorrad.
- Der Verbrauch mit im Schnitt um die 6,7 Liter Super auf 100 km ist selbst für die hohen Fahrleistungen – notfalls ist sie in 5,8 s von 0 auf 100 – recht viel. Da schont auch der eingebaute Katalysator das Gewissen nicht, und schon gar nicht den Geldbeutel.
-
Bei normalen Bremsvorgängen vor einer Ampel erstirbt der Motor manchmal
– was bei noch kaltem Motor auch im Leerlauf passiert.
Die Kaltstart-Automatik mit automatischer Choke-Regelung verhinderte es jedenfalls nicht.
650 cm³ sind sicher nicht sehr viel, aber bei normalen Bremsen darf doch deswegen nicht der Motor abgewürgt werden – das schaffe ich mit keinem Auto, das ich kenne. Für diese Peinlichkeit scheint das Eintauchen des Vorderrades verantwortlich zu sein, wobei die Gaszufuhr noch weiter verringert wird, als dem Motor gut tut. Ohnehin verlangt der Motor nach Drehzahl, ist dafür aber auch sehr spritzig und spitz in der Leistungscharakteristik. -
Der Motorsound ist sehr unspektakulär und langweilig,
es hört sich wie eine Mischung aus 125er und Japan-Rasenmäher an.
Es muss sich ja nicht wie eine offene KTM anhören,
aber die Akustik gibt nicht das wieder, was beim Fahren erlebt wird.
Einzig die Fehlzündungsknaller beim raschen Gaswegnehmen lösen etwas Begeisterung aus. - Die Reichweite ist bescheiden: Trotz eines Tanks, der angeblich 17,5 Liter fasst, bekam ich irgendwie nie mehr als gute 15 Liter hinein. Durch den hohen Benzinverbrauch muss man alle 220 km im Schnitt die nächste Tankstelle aufsuchen – und der Besuch einer Tankstelle gehört nicht zu den spannendsten und schönsten Dingen im Leben. Da jede Fahrt zur Arbeit je Tag fast 40 km benötigt, kann man fast jede Woche einmal diesen Spaß wahrnehmen. Sehr lästig, ich kann mir angenehmeren Zeitvertreib vorstellen, als dem Tankwart ständig Hallo zu sagen.
-
Kettenantrieb ist lebensgefährlich, wenn man nicht ständig nachfettet
und die Kette regelmäßig prüft und vorzeitig durch eine neue Kette ersetzt.
Da ich davon anfangs keine Kenntnis hatte – nicht zuletzt, weil jahrelanges
Fahren einer
Vespa P200X
kettenlos erfolgte – flog eines Tages
die Kette mitten in einer Kurve von den Zahnrädern, wodurch sofort das Hinterrad blockiert.
Gottseidank war die Geschwindigkeit gering, und es passierte nichts weiter.
Das ist wörtlich zu nehmen, bis das Motorrad auf den Abschleppwagen getragen wurde,
bewegte sich das Motorrad nicht einen Millimeter,
denn die Kette verhakte sich so effektiv, dass das Hinterrad hinüber war.
Nach weiteren 14.000 km war die zweite Kette fällig, diesmal aber präventiv, doch ist jeder Wechsel ein teurer Spaß gewesen. Der hohe Kettenverschleiß liegt auch mit am Motor, der unter 3000 Touren sehr stark ruckelt, was der Lebensdauer sicher nicht zuträglich ist. -
Die Instrumente:
Beim Auto könnte ich nicht mehr ohne
MFA leben,
es kann für mich einfach nicht genug an Infos geben
– das muss beruflich bedingt sein.
Bei dem Modell aber gibt es nicht einmal die Uhrzeit im Cockpit, obwohl das sicher für wenige Cent zu realisieren wäre. Eine Uhr ist im Motorrad-Cockpit aber noch um Faktoren wichtiger als im Auto, da eine Armbanduhr meist unter Handschuhen steckt und man auch keinen Arm frei hat um im Handy nachzuschauen.
Auch ein Autoradio, wo ab und an die Zeit angesagt wird, fehlt ja in aller Regel. Es ist anachronistisch – in doppeltem Sinne – wenn man ständig nach Kirchturmuhren Ausschau halten muss, oder neugierig beim Nachbar-Auto an der Ampel hereinschaut, nur um die Zeit in Erfahrung zu bringen – manche Damen haben einen bestimmt schon für einen Sittenstrolch gehalten ob der Blicke, die scheinbar den Knien galten …
Ebenso ist eine Tankanzeige unverzichtbar, fehlt hier aber. Stattdessen muss man mühsam bei wegen Benzinmangels absterbendem Motor händisch auf Reserve umstellen per schwergängigen Drehschalter – eine zudem gefährliche Ablenkung. Es ist peinlich, wenn man entweder deswegen an der Ampel stehenbleibt, oder einen Überholvorgang abbrechen muss – und es ist fast schon lebensgefährlich zu nennen, wenn man auf einer längeren Autobahn-Baustelle den Saftabriß erst bemerkt, wenn der Motor schon tot ist, und weder links noch rechts Haltemöglichkeiten zur Verfügung stehen.
BMW F650 GS Baujahr 2003
Vorteile der neuen BMW:
-
Zuallererst ist hier das ABS zu nennen: Es funktioniert tadellos,
man kann z.B. auf einer Schotterpiste gedankenlos den Bremshebel
durchdrücken, es pulsiert dann etwas im Hebel, aber kein Wegrutschen
oder Blockieren ist zu spüren.
Gerade bei Regenfahrten beruhigt das ABS ungemein.
Ich finde, für Motorräder sollte ABS zur Pflicht erklärt werden.
Es war für mich der primäre Beweggrund für einen Wechsel. Motorradfahren ist gefährlicher als Fahren mit viel Metall drumherum, daher musste ich diesen tagtäglich spürbaren Sicherheitspuffer-Gewinn unbedingt wahrnehmen.
Schon nach einem knappen Jahr weiß ich nicht, wie ich vorher ohne ABS klarkommen konnte. - Die Bremsen quietschen nicht mehr.
-
Der Tank umfasst genauso 17,5 Liter, in die nur gute 15 hineinzupassen scheinen.
Dafür begnügt sich der Motor mit Normal- statt Superbenzin.
Der Verbrauch ist deutlich gesunken, mit den 15 Litern
kommt man nun ohne Verrenkung auf 300 km Reichweite.
Sicherlich besser als beim Vorgänger, aber ich wünsche mir immer noch einen Tank, der wenigstens 30 Liter fasst – mit manchen Autos muss man erst alle 1000 km eine Tankstelle aufsuchen, das spart wertvolle Lebenszeit. -
Die Maschine ist weniger bissig als vorher, die Leistungscharakteristik ist nicht so spitz
wie beim Vorgänger – allerdings belohnt sie dafür mit gleichmäßig hoher Leistung
über das gesamte Drehzahlband hinweg. Sie ist damit deutlich entspannter zu fahren,
nicht so giftig, aber dafür von unten heraus mit Wumms.
Abgewürgte Ampelstarts sind damit sehr selten geworden – wenngleich noch möglich. Es sind halt keine 1200 Kubik, die volle Kraft steht erst mit höheren Drehzahlen im Bereich von 3000-6000 UpM zur Verfügung.
Diese Version hat deutlich weniger mit einem bei Bremsvorgängen absterbenden Motor zu kämpfen – hier tritt es nur noch selten auf, und dann auch nur bei kaltem Motor. -
Die Akustik gefällt mir endlich – zumindest aus Fahrerposition
hört sich der Motor endlich so an, wie er zu arbeiten scheint: Kräftig und beherzt zur Sache gehend, wenn nötig.
Sachlich betrachtet, ist der Sound zwar irrelevant, aber emotional doch von Bedeutung – hier spielen Instinkte eine Rolle, wie sich so etwas anhören muss. Auch der Gefallen an Musik ist ja nicht unbedingt sachlich erklärbar, aber doch unleugbar vorhanden. -
Zu den Instrumenten:
Immer noch keine MFA zu finden oder gar per Aufpreis bestellbar, aber immerhin ist endlich eine Digitaluhr vorhanden. Anstelle eines langsam an Benzinunterversorgung sterbenden Motors weist nun eine Reservelampe darauf hin, dass man sich wieder vor den Saudis verneigen muss – ein deutlicher Pluspunkt gegenüber dem Vorher.
Im heutigen Zeitalter allubiquitärer Computertechnik sollte es aber trotzdem möglich sein, hier mehr Luxus zu bieten als nur eine magere Digitaluhr und eine binäre Benzinanzeige – so bleibt es weiterhin ein trauriges Kapitel aus Autofahrersicht. - Der Koffer hinten lässt sich mit demselben Schlüssel bedienen wie die Zündung – sehr komfortabel – noch schöner wäre aber ein drahtloses Öffnungssystem, wie es bei Autos ja schon Standard ist.
- Die Heizgriffe sind für einen Allwetterfahrer eine schöne Sache – aber auch im Sommer, wenn man mal die Handschuhe vergessen hat, und der nächtliche Frost kommt, lernt man sie schätzen.
Fazit
Das Upgrade hat sich deutlich gelohnt, viele Detailverbesserungen neben dem
Killerfeature ABS (eher ist es ein „Anti-to-be-killed-feature“ :-)
lassen den Wechsel auch heute noch als gute Entscheidung erscheinen.
Andere Blogger
stimmen mit mir da überein.
Ein weiterer Umstieg steht nun erst an,
wenn die Maschine streikt, oder es überzeugende Verbesserungen gibt.
Meine Wunschliste:
- Geringer Verbrauch, weniger als 5 Liter
- Katalysator
- ABS
- Laufruhe: Kein Schüttel und Rappeln, keine Vibrationen im Lenker oder Fußrasten – hier hat schon die erste F650 Standards gesetzt in der Einzylinderklasse.
- Aufrechte, angenehme Sitzposition – keinesfalls gebückt wie ein Affe am Schleifstein
- gute Fahrleistungen – also über 30kw Leistung – mehr benötigt es nicht zwingend, über 70kw gehören meiner Meinung nach nicht auf öffentliche Straßen
- Zigarettenanzünder – nicht fürs Qualmen während der Fahrt, sondern zum Aufladen von elektronischen Helferlein wie UMPC oder Navi-PDA oder MP3-Player oder Bluetooth-Headset usw.
- großer Tank – weniger als 300 km Reichweite sind inakzeptabel, mehr sehr wünschenswert
- vollwertige Instrumententafel – mit Computerberechnungen für Restreichweite, Verbrauch, etc. – mindestens per Sonderausstattung
- Feldweg-Tauglichkeit: Ein enormer Vorteil eines Zweirads ist seine hohe Wendigkeit und Handlichkeit – daher gehört mindestens eingeschränkte Geländetauglichkeit einfach dazu, sonst vergibt man diesen Vorteil. Ich möchte bis auf den Strand fahren können, und auch die Abkürzung durch den Waldfeldweg soll mir offenstehen – kurzum soll alles möglich sein, was ich auch mit dem Fahrrad schaffen würde.
- LED-Rücklichter und Rücklichtausfall-Warnanzeige – ein Motorrad hat nur ein Rücklicht, und wenn das unbemerkt ausfällt, ist eine brenzlige Situation vorprogrammiert. Hier sollte der Gesetzgeber einschreiten, und mehr Sicherheit verpflichtend machen.
- Ein Motor darf sich nicht abwürgen lassen, schon gar nicht durch einfaches Herunterbremsen. Die heutige Elektronik sollte solches zuverlässig zu verhindern wissen.
Ebenso gehören quietschende Bremsen oder schwer zu findende Gänge zu Verursachern peinlicher Situationen und gehören sich nicht für ein angenehmes Reittier. – ein absolutes No-Go.- Kein übertriebener Preis – ein Motorrad sollte nicht teurer als ein Auto sein, das in vielen Belangen deutlich mehr bietet – außer vielleicht in den Fahrleistungen.
Ich muß zugeben, das die BMW 1200 GS eigentlich schon fast alle Features der Liste bietet - nur bei einer wichtigen Eigenschaft, dem Preis, punktet sie nicht. Da bezahle ich lieber das Haus schneller ab, und lege das Geld für die Ausbildung der Kinder an, als solche Summen hinzulegen. Der Preis/Nutzen-Verhältnis scheint mir bei der kleinen GS günstiger, aber je nach Geldbeutel mag jeder selbst entscheiden :-). Die "große" GS ist nicht grundlos das meistverkaufte Motorrad-Modell in Deutschland.